Qualitätsstandards
Richtlinie und Qualitätsstandards der Sozialberatung und Berufsorientierung bei p.ink door
(Stand: September 2024)
Sozialarbeiterinnen, die bei p.ink door im Rahmen der Sozialberatung und Berufsorientierung arbeiten, orientieren sich in ihrer Arbeit grundsätzlich an der Berufsethik, den Qualitätskriterien Soziale Arbeit sowie an der Qualitätsbeschreibung Sozialprofessionelle Beratung des Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit e.V.
Zugleich gelten die internen Dokumente „Richtlinie Soziale Arbeit“, „Arbeitsweisen bei p.ink door e.V.“ sowie die Vision, Mission und Werte von p.ink door.
Im Folgenden werden Qualitätsstandards der Sozialberatung und Berufsorientierung bei p.ink door erläutert, die außerdem Richtlinien darstellen. Diese dienen außerhalb der Organisation der Beschreibung der Qualität der Sozialberatung und Berufsorientierung. Innerhalb der Organisationen sind sie ein Mittel, Prozesse vereinheitlicht festzuhalten, um die Qualität der eigenen Arbeit zu erhöhen und immer wieder zu evaluieren.
Im Rahmen der Mission p.ink doors (ganzheitliche, bedürfnisorientierte Beratung und praktische Lebensbegleitung für Frauen mit Bezug zu Prostitution) hat die Sozialberatung und Berufsorientierung die Aufgabe, Frauen ab 18 Jahren in Form von Beratung und Begleitung in der Art und Weise und in dem Ausmaß zu unterstützen, wie sie es brauchen und sich wünschen. Im Rahmen dessen wird Frauen angeboten, mit einer Sozialarbeiterin zu sprechen und im Hinblick auf Sozialleistungen, Wohnraum, Gesundheit, Finanzen, Familie und Berufsorientierung beraten zu werden. Dabei sollen gemeinsam individuelle Ziele in den jeweiligen Bereichen erarbeitet und verfolgt werden.
Inhalt
1. Strukturqualität
1.1. Kostenlosigkeit und Freiwilligkeit
1.2. Ethische Grundlagen
1.3. Qualifikation der Sozialarbeiterin
1.4. Kooperation und Vernetzung
1.5. Räumlichkeiten
2. Prozessqualität
2.1. Rahmenbedingungen der Beratung
2.2. Abbruch- und Ausschlusskriterien der Beratung
2.3. Methoden und Haltung der Beratung
2.4. Fallbesprechungen, Teamkooperation und Supervision
2.5. Fort- und Weiterbildung
2.6. Vertraulichkeit und Datenschutz
3. Ergebnisqualität
3.1. Beschwerdemanagement
3.2. Evaluation
1.Strukturqualität
1.1. Kostenlosigkeit und Freiwilligkeit
Die Sozialberatung und Berufsorientierung ist für die Frauen kostenlos. Die Klientinnen bestimmen selbst, ob sie das Beratungsangebot in Anspruch nehmen und in welcher Frequenz sie Beratungsgespräche in Anspruch nehmen. Es steht jeder Klientin zu jeder Zeit frei, die Beratung zu unterbrechen oder zu beenden.
1.2.Ethische Grundlagen
Die Beziehung zwischen der Sozialarbeiterin und der Klientin ist eine Arbeitsbeziehung, aus welcher sich während sowie auch nach Abschluss der Beratung keine private Beziehung jedweder Art entwickelt. Die Beratung erfolgt nach den Richtlinien der Berufsethik, der Qualitätskriterien Soziale Arbeit sowie nach der Qualitätsbeschreibung Sozialprofessionelle Beratung des Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit e.V., sowie unter Berücksichtigung der fachlichen Eigenverantwortlichkeit der Sozialarbeiterin. Die in den Richtlinien enthaltenen berufsethischen Prinzipien lauten „Personalität“, „Solidarität“, „Subsidiarität“ und „Verantwortung“ und bilden die Arbeitsgrundlage der Sozialberatung und Berufsorientierung bei p.ink door.
2. Prozessqualität
2.1. Rahmenbedingungen der Beratung
Eine Beratungssitzung dauert in der Regel 60 Minuten. Es wird sorgfältig darauf geachtet, diese 60 Minuten einzuhalten und nur nach Absprache mit der Klientin in einzelnen Fällen die Beratung zu verkürzen oder zu verlängern, um einen sicheren, transparenten und traumasensiblen Rahmen zu bieten.
Die Frequenz der Beratungssitzungen wird je nach Bedarf und Möglichkeit individuell mit er Klientin verhandelt, der Richtwert liegt bei einer Sitzung alle 1-3 Wochen. Sofern möglich, sollten regelmäßige Termine zu gleicher Uhrzeit mit der Klientin vereinbart werden.
Die Beratung findet zum größten Teil im Beratungsraum der p.ink door Berlin Beratungsstelle statt. Im Rahmen des Beratungsprozess sind auch Hausbesuche der Sozialarbeiterin bei der Klientin möglich. Die Rahmenbedingungen und Regelungen zu Hausbesuchen finden sich in dem internen Dokument „Richtlinie für Hausbesuche in der Sozialen Arbeit“ (Stand 09/2024). Die Methoden und Inhalte der einzelnen Beratungssitzungen werden während und nach der Sitzung ausreichend dokumentiert und datenschutzkonform gesichert.
2.2. Abbruch- und Ausschlusskriterien der Beratung
Das Angebot von p.ink door beinhaltet Sozialberatung und Berufsorientierung sowie darüber hinaus auch den Arbeitsbereich der psychologischen Beratung. Im Rahmen der Sozialberatung und Berufsorientierung kann psychosozial stabilisierend agiert werden.
Bei psychosozialen Krisen, die im Rahmen der psychologischen Beratung bei p.ink door thematisiert werden können, ist eine Anbindung der Klientin an das psychologische Beratungsangebot anzustreben, insofern diese es wünscht.
Die psychologische Beratung ersetzt jedoch keine ambulante oder stationäre Psychotherapie und p.ink door bietet keine Diagnosestellung, Symptom- oder Heilbehandlung.
Dementsprechend kann eine Beratung von Beginn an ausgeschlossen oder ein fortlaufender Beratungsprozess abgebrochen werden, wenn ein Fall nach Einschätzung der Sozialarbeiterin (im Konsens mit dem Team der psychologischen Beratung sowie der Gesamtleitung) eindeutig das Beratungsangebot von p.ink door übersteigt und eine ambulante oder stationäre Psychotherapie benötigt wird. In diesen Fällen kann alleinig die psychologische Beratung kurzfristig stabilisierend und in Form einer Krisenintervention unterstützen, es muss sich aber um eine angemessene Weitervermittlung (an eine*n PsychotherapeutIn oder Klinik) gekümmert werden.
Folgende Symptome, Diagnosen und Umstände indizieren unter Anderem, dass der Bedarf einer Frau das Beratungsangebot von p.ink door übersteigt: akute Suizidalität (s. Leitfaden Suizidalität p.ink door), Dissoziative Identitätsstörung, akute Psychosen, rituelle Gewalt, sowie sonstige Notsituationen, die beispielsweise erfordern, dass die Klientin an einem sicheren Ort untergebracht werden muss (s. Leitfaden Hochrisikofälle).
Darüber hinaus kann auch eine andauernde, ausgeprägte Suchterkrankung Grund für Abbruch oder Ausschluss der Beratung sein, sollte sie den Beratungsverlauf negativ beeinflussen und sollte die Klientin keine Bereitschaft zeigen, sich in Behandlung zu begeben oder anderweitige Hilfsangebote im Kontext der Suchterkrankung wahrzunehmen.
Die Sozialberatung und Berufsorientierung kann außerdem ebenfalls ausgeschlossen oder abgebrochen werden, wenn nach Einschätzung der Sozialarbeiterin keine compliance besteht, was dementsprechend den Beratungsprozess behindert.
Erscheinen Klientinnen fünf Mal ohne Absage nicht zum Beratungstermin, wird das Gespräch gesucht (s. Leitfaden Konfliktgespräch) und über eine mögliche Unterbrechung oder einen Abbruch der Beratung gesprochen.
2.3. Methoden und Haltung der Beratung
Grundsätzlich erfolgt die methodische Arbeitsweise sowie die Haltung in der Sozialberatung und Berufsorientierung in Übereinstimmung mit den Werten von p.ink door: personenzentriert, kreativ, kollaborativ, traumasensibel, empowernd.
Methodisch gestaltet sich die Beratung individuell je nach Fall. Grundsätzlich werden Methoden und Gesprächsführungstechniken angewandt, die in der Sozialen Arbeit und im Beratungskontext als wirksam und anerkannt gelten und für die die Sozialarbeiterin ausreichend geschult sowie qualifiziert ist. Es wird insbesondere mit explorativen, systemischen Fragetechniken gearbeitet.
Die Haltung in der Sozialberatung und Berufsorientierung beinhaltet die Haltung des Nicht-Wissens, die Annahme des guten Grundes, die Haltung der Neutralität, der Ressourcen- und Lösungsorientierung sowie des Respekts vor Autonomie. Darüber hinaus wird auch dahingehend auf einer systemischen Grundlage gearbeitet, dass die Lebenswelt der Klientin in Form von Sozialraum sowie Beziehungen ebenfalls Teil der Beratung sind.
2.4. Fallbesprechungen, Teamkooperation und Supervision
Je nach Bedarf, jedoch mindestens alle drei Monate, findet eine kollegiale Fallbesprechung zwischen den Arbeitsbereichen Sozialberatung und Berufsorientierung sowie Psychologische Beratung statt.
Zweiwöchentlich findet eine fachspezifische Besprechung zwischen Sozialarbeiterin(nen) und Gesamtleitung statt.
Einmal monatlich finden Teammeetings, sowie einmal pro Quartal Quartalsmeetings im gesamten Team statt.
Alle drei Monate nimmt jede Sozialarbeiterin Einzelsupervision bei einer externen Supervisorin in Anspruch.
Zweimal im Jahr nehmen alle Beraterinnen von p.ink door an einer gemeinsamen Supervision mit einer externen Supervisorin teil.
Bei Bedarf steht darüber hinaus eine Notfall-Supervisorin bereit, die in Krisenfällen unterstützend zur Seite steht.
2.5. Fort- und Weiterbildung
Die kontinuierliche fachliche Qualifizierung der Sozialarbeiterin ist durch regelmäßige Teilnahme an fachspezifischen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sichergestellt.
2.6. Vertraulichkeit und Datenschutz
Die Vertraulichkeit und der Datenschutz im Rahmen der Sozialberatung und Berufsorientierung wird durch folgende Maßnahmen gewährleistet:
3. Ergebnisqualität
3.1. Beschwerdemanagement
Für das Beratungsangebot von p.ink door gilt das allgemeine Beschwerdemanagement, welches schriftlich in den internen Richtlinien festgehalten ist.
Zunächst wird grundsätzlich erbeten, im Fall von Beschwerden das Gespräch mit der betreffenden Person selbst zu suchen. Falls sich dies als nicht wirksam oder ausreichend erweist, können Klientinnen das Gespräch mit der Gesamtleitung suchen. Als letzte Instanz kann der Vorstand von p.ink door e.V. kontaktiert und miteinbezogen werden. Im Rahmen des standardisierten Aufnahmeprozesses werden Klientinnen auf diese Möglichkeiten explizit hingewiesen.
Evaluation
Zu Beginn des Beratungsprozesses findet eine Auftragsklärung sowie persönliche Zielsetzung statt. Dieser Auftrag und diese Ziele werden im Verlauf des Beratungsprozesses immer wieder aufgegriffen, evaluiert und wenn nötig angepasst oder erweitert, sowie zum Abschluss der Beratung ausführlich besprochen und evaluiert. Klientinnen entscheiden hierbei selbstbestimmt, welche Ziele priorisiert zu verfolgen sind und welchen Auftrag sie an das Beratungsangebot von p.ink door stellen. Die Evaluationen sollen der Klientin dazu dienen, ihre eigenen Ziele im Blick zu behalten und sie bei der Verfolgung dieser zu unterstützen. Ob und inwiefern diese Ziele erreicht werden, ist somit nur bedingt ein aussagekräftiger Evaluationsparameter.
3.2. Abschluss der Beratung und Nachbegleitung
Die Beratung kann jederzeit nach Wunsch der Klientin und ohne Angabe von Gründen beendet werden, da sie auf Freiwilligkeit beruht. Gleichermaßen kann ein Ende der Beratung bzw. eine Weitervermittlung an andere Organisationen oder Institutionen auch von der Sozialarbeiterin jederzeit eingeleitet werden, sollte der Hilfebedarf der Klientin nicht dem Angebot von p.ink door entsprechen oder sollte die Klientin mehrfach gegen interne Regeln verstoßen haben und auch nach Konfliktgesprächen keine Verhaltensänderung gezeigt haben. Die Beratung kann ebenfalls im gemeinsamen Einverständnis abgeschlossen werden, sollte der zuvor festgestellte Hilfebedarf durch das Angebot von p.ink door ausreichend und nachhaltig gedeckt worden und die Klientin somit befähigt worden sein, ihre Lebensbewältigung allein zu gestalten. Sofern möglich und von der Klientin gewünscht, findet ein offizielles Abschlussgespräch statt, in welchem der Beratungsprozess gemeinsam evaluiert wird und die Klientin ihre Wünsche bezüglich einer etwaigen Nachbegleitung äußern kann.
Die Nachbegleitung wird ebenso wie der Hilfeprozess individuell und bedarfsgerecht gestaltet. Im Regelfall erhalten Klientinnen in der Nachbegleitung weiterhin Care Packages sowie Einladungen zu Freizeit- und Gruppenangeboten von p.ink door, die ihren Interessen entsprechen. Klientinnen, die sich in der Nachbegleitung befinden, können auf persönlichen Wunsch erneut das Beratungsangebot von p.ink door auf eigene Initiative hin nutzen. Ansonsten finden keine regelmäßigen Treffen zwischen Sozialarbeiterin und Klientin mehr statt.
Wird ein Beratungsabschluss durch einen plötzlichen Kontaktabbruch verursacht oder verweigert die Klientin das Gespräch, so ist kein Abschlussgespräch möglich. In diesem Fall wird von der fallzuständigen Sozialarbeiterin nach drei Monaten ohne Kontakt zur Klientin ein Abschlussbericht angefertigt.
Die Wiederaufnahme eines zuvor abgeschlossenen Beratungsprozesses ist grundsätzlich möglich, jedoch vom Grund des vorhergehenden Abschlusses abhängig. Über eine Wiederaufnahme wird in der regelmäßig stattfindenden kollegialen Fallbesprechung zwischen Sozialarbeiterinnen und Gesamtleitung entschieden.